„Wolf im Schafs­pelz“? – Pra­xis­re­le­van­te Ent­wick­lun­gen im Inter­na­tio­na­len Steuerrecht.

Anläss­lich eines Vor­tra­ges vor Berufs­kol­le­gen haben wir uns ver­tieft mit den Ent­wick­lun­gen im Inter­na­tio­na­len Steu­er­recht der ver­gan­ge­nen Mona­te beschäftigt.

Neben der öffent­lich­keits­wirk­sam umge­setz­ten glo­ba­len Min­dest­be­steue­rung, die mit­tel­stän­di­sche Unter­neh­men nur am Ran­de betrifft, haben wir ver­schie­de­ne aktua­li­sier­ten Ver­wal­tungs­an­wei­sun­gen ana­ly­siert. Die­se bie­ten einen wich­ti­gen Anhalts­punkt, wie die Finanz­ver­wal­tung Sach­ver­hal­te beur­teilt wis­sen will. Sie hel­fen einer­seits, inter­na­tio­na­le Vor­gän­ge im Vor­feld so zu gestal­ten, dass mög­lichst wenig Dis­kus­si­ons­be­darf auf­kommt, ande­rer­seits wird auch klar, wo ein Steu­er­streit unver­meid­bar wird, und hel­fen bei des­sen Vorbereitung.

So hat die Finanz­ver­wal­tung allei­ne im Dezem­ber 2023 mit dem 156-sei­ti­gen Schrei­ben zur Besteue­rung des Arbeits­lohns nach den Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men ihre Spiel­re­geln für alle inter­na­tio­nal täti­gen Arbeit­neh­mer und Arbeit­ge­ber aktua­li­siert – an der vor­he­ri­gen Ver­si­on aus dem Mai 2018 hat­te @Markus Kers­ten noch in sei­ner Eigen­schaft als Refe­rent für Inter­na­tio­na­les Steu­er­recht der Finanz­be­hör­de Ham­burg mit­ge­wirkt. In Anse­hung der neu auf­ge­nom­me­nen umfang­rei­chen Aus­füh­run­gen zur abkom­mens­recht­li­chen Ansäs­sig­keit ist zu erwar­ten, dass die Finanz­ver­wal­tung öfter als bis­her ein Besteue­rungs­recht für Deutsch­land rekla­mie­ren wird – hier wird eine vor­sorg­li­che Doku­men­ta­ti­on zum Mit­tel­punkt des Lebens­in­ter­es­ses, genau wie die unbe­ab­sich­tig­te Schaf­fung nach­tei­li­ger Indi­zi­en, noch wich­ti­ger als bisher.

Wei­ter ist im Dezem­ber der 253 Sei­ten star­ke Anwen­dungs­er­lass zum Außen­steu­er­ge­setz ver­öf­fent­licht wor­den, der sich mit Aus­nah­me des The­mas der Ver­rech­nungs­prei­se mit allen The­men des Außen­steu­er­ge­set­zes beschäf­tigt. Ins­be­son­de­re bei der Weg­zug­be­steue­rung erge­ben sich hier teils erfreu­li­che Klar­stel­lun­gen, etwa zur Nicht-Anwen­dung bei beschränk­ter Steu­er­pflicht, der Sperr­wir­kung von Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men oder dem kon­kre­ten Umfang der Schäd­lich­keit gewis­ser „sub­stan­zi­el­ler Gewinn­aus­schüt­tun­gen“. Auf der ande­ren Sei­te bleibt die Finanz­ver­wal­tung eine Posi­ti­on zu höchst rele­van­ten Fra­gen wei­ter schul­dig, etwa ob die der Weg­zug­steu­er imma­nen­te Ver­äu­ße­rungs­fik­ti­on auch für ande­re ertrag- und erb­schaft-/schen­kung­steu­er­li­che Sperr- und Behal­te­fris­ten schäd­lich ist. Außer­dem ist zu erwar­ten, dass die (raten­wei­se) Stun­dung der Weg­zug­steu­er im Regel­fall – und damit abso­lut pra­xis­fern – nur gegen Sicher­heits­lei­tun­gen erfol­gen soll. Hier dürf­ten die mög­li­chen Siche­rungs­for­men künf­tig eine gro­ße Rol­le spie­len, etwa die Ver­pfänd­bar­keit der Antei­le an der Kapitalgesellschaft.

Im Bereich des wohl­klin­gen­den Steu­er­oa­sen­ab­wehr­ge­set­zes hat die Finanz­ver­wal­tung Ende 2023 den Ent­wurf eines Anwen­dungs­schrei­bens vor­ge­legt – rele­vant ist der für alle inlän­di­schen Per­so­nen und Unter­neh­men, die Geschäfts­be­zie­hun­gen zu „Steu­er­oa­sen“ unter­hal­ten, da hier ins­be­son­de­re Pflich­ten zum Quel­len­steu­er­ab­zug und Auf­zeich­nun­gen grei­fen. Den Ent­wurf beur­tei­len wir als posi­tiv, da die Finanz­ver­wal­tung eini­ge Punk­te ent­schärft, etwa den Umfang der Auf­zeich­nungs­pflich­ten bei Unmög­lich­keit der Beschaff­bar­keit der Infor­ma­tio­nen oder der Ver­zicht auf einen Quel­len­steu­er­ab­zug bei (voll­stän­dig) nicht­ab­zieh­ba­ren Betriebs­aus­ga­ben. Es wird aber auch klar: Unter­bleibt ein nöti­ger Quel­len­steu­er­ab­zug, wird die inlän­di­sche Per­son, bzw. das inlän­di­sche Unter­neh­men in Haf­tung genom­men, zudem dro­hen Verspätungszuschläge.

Zuletzt hat die Finanz­ver­wal­tung im Febru­ar 2024 ihren Anwen­dungs­er­lass zur Abga­ben­ord­nung bezüg­lich der Begrif­fe Geschäfts­lei­tung und Betriebs­stät­te umfas­send über­ar­bei­tet – die­se Begrif­fe sind bei grenz­über­schrei­ten­den Fäl­len von zen­tra­ler Bedeu­tung für die Fra­ge, ob Deutsch­land über­haupt etwas besteu­ern darf. Aber auch bei rei­nen Inlands­sach­ver­hal­ten kommt die­sen Begrif­fen hohe Rele­vanz zu, etwa wenn ein Unter­neh­men sich „wirk­sam“ in einer Gemein­de mit nied­ri­gem Gewer­be­steu­er­he­be­satz ansie­deln möch­te. Der Anwen­dungs­er­lass ist teils viel zu pau­schal, was wegen der erheb­li­chen Kom­ple­xi­tät und Viel­schich­tig­keit aber auch kein Wun­der ist – es wer­den Urtei­le zu (Geschäftsleitungs-)Betriebsstätten von Berufs­bo­xern, Poker­spie­lern, Haus­ver­wal­tern und Beree­de­rungs­un­ter­neh­men ein­ge­ar­bei­tet. Da das The­ma in den Fokus rückt, ist beson­ders sorg­sa­me Gestal­tung und finanz­amts­fes­te Doku­men­ta­ti­on noch wich­ti­ger als bisher.

Zusam­men­fas­send stel­len wir fest, dass sich die Finanz­ver­wal­tung im Inter­na­tio­na­len Steu­er­recht, aber auch für die Fra­ge der Gewer­be­steu­er­he­be­be­rech­ti­gung einer Gemein­de, immer mehr Details zuwen­det. Da Ver­wal­tungs­an­wei­sun­gen als „Wolf im Schafs­pelz“ (Non­nen­ma­cher/­Pe­te­rich/­Reif­arth-Bel­li, DStR 2024, 329) eine erheb­li­che Bedeu­tung haben, ist eine genaue Kennt­nis uner­läss­lich, wenn man mög­lichst „unauf­ge­regt“ durch das Besteue­rungs­ver­fah­ren lau­fen möchte.“

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